Freitag, 14. Oktober 2005

Triumphaler Elias!
Dem im Januar verstorbenen Journalisten Jürgen Dehl verdanken wir nicht nur die Gründung der „Mendelssohn-Gesellschaft Main-Taunus“, die Umwidmung einer Schule in Sulzbach in „Mendelssohn-Bartholdy-Schule“ (einzig in Deutschland!), sondern auch den Nachweis, dass der Komponist in Bad Soden und Umgebung nicht nur Urlaub machte. Große Teile des „Elias“ sind dort entstanden. Was also liegt näher, als dieses monumentale Werk in der Region aufzuführen? Dass sich allerdings ein Kirchenchor daran wagen würde, musste im Vorfeld als allzu kühnes Unterfangen angesehen werden, erfordert doch dieses Oratorium ein Höchstmaß an professioneller Zuwendung.
Und siehe da: Diese Aufführung darf man getrost zum Höhepunkt einer nun bereits Jahrzehnte währenden Beschäftigung des Caecilienvereins mit geistlicher Musik erklären! Was ihm an professionellem Feinschliff fehlen mochte, machte der Chor mit hör- und sichtbarem Engagement mehr als wett. Es grenzt ans Wunderbare, wozu eine solche „Laiengruppe“ fähig ist, wenn es jemanden gibt, der das Feuer in ihr zu entzünden versteht. ihrem Maestro Andreas Winckler ist es wieder einmal eindrucksvoll gelungen.
Dass diese Aufführung zum packenden Erlebnis wurde, ist auch dem engagierten Einsatz des Orchesters zu verdanken, das – in allen Instrumentenguppen
bestens besetzt – die geniale Partitur zum Funkeln brachte. Dieses Werk, in seiner Dramatik und klanglichen Dimension, ist mit statischer Oratorientradition kaum zu bewältigen. Es gewinnt auf der Opernbühne, wie kürzlich in Mainz, sogar noch an Eindringlichkeit.
Dazu bedarf es allerdings eines Sängers, der dem Propheten überzeugende Kontur verleiht. Der Bassist Dietrich Volle singt nicht den Elias – er ist Elias. Mit schier unerschöpflichen sängerischen Kraftreserven zeichnet er ein erschütterndes Bild des triumphierenden und resignierenden Propheten. Eine grandiose Leistung! Mit gewohnter Souveränität, überzeugend und stimmschön, gestalteten Christine Bechtel (Sopran), Alexandra Gießler (Alt) und Fred Hoffmann (Tenor) ihre Partien, wobei die Altistin mit viel gesangstechnischem Geschick die Klippen einer Erkältung zu umschiffen wusste. Unser natürlich anwesender Bürgermeister Dünte genoss diese Aufführung ganz besonders, war es doch das letzte große Kirchenkonzert in seiner Amtszeit. Er fühlte sich beschenkt – wie wohl alle, die diesem kulturellen Ereignis beiwohnten. Auch Jürgen Dehl hätte seine helle Freude daran gehabt!

Dietmar Vollmert