Printausgabe vom 05.10.2006
Mozart als Interpret und Arrangeur steht im Mittelpunkt des Chorkonzertes in St. Vitus
Beim Halleluja erhebt sich das Publikum
Von Lutz Riehl
Kriftel.
Ohne Zweifel ist es kein leichtes Unterfangen, im schon weit vorangeschrittenen
Mozart-Jahr noch musikalische Akzente zu setzen – eine Aufgabe, der sich die
Kirchenmusikreihe „Vitus & Caecilia“ in bemerkenswerter Weise angenommen
hatte. Im Zentrum ihres Chorkonzertes am Sonntag in St. Vitus stand nicht Mozart
als Komponist, sondern Mozart als Interpret und Arrangeur.
1789 erhielt der Wiener Komponist von Baron van Swieten den Auftrag, Händels „Messias“
aufzuführen. Zu diesem Zweck orchestrierte Mozart das Werk neu, kürzte und
ergänzte einige Passagen und setzte einige Arien für andere Solostimmen. Dies
war nicht nur eine Anpassung – derartige Veränderungen hatte bereits Händel
selbst mehrfach vorgenommen –, sondern auch ein Zugeständnis an den
musikalischen Zeitgeschmack.
Im „Messias“ fand Mozart auch Vorbilder für sein eigenes Komponieren, so weist das Kyrie
seines Requiems enge Verwandtschaft zu Händels Chorfuge „Durch seine Wunden sind
wir geheilet“ auf. Vermutlich hatte das Musikgenie dieselbe Erkenntnis, die
Pfarrer Andreas Unfried zu Beginn treffend formulierte: „Beim Messias kann man
eigentlich nichts falsch machen.“
In der Tat gehört Händels Oratorium zu
den wenigen Werken der Musikgeschichte, die sich seit ihrer Uraufführung
ungetrübter Beliebtheit bei Publikum wie bei Ausführenden erfreuen, was durch
die große Zuhörerschaft in St. Vitus noch unterstrichen wurde. Aber mit der,
durch die historische Aufführungspraxis in den Hintergrund getretenen,
Mozart-Fassung konnten selbst dem geübten Hörer des Werkes neue Klangeindrücke
vermittelt werden. Mit diesem Projekt hatten sich Chor und Orchester des
Caecilienvereins unter der Leitung von Andreas Winckler, die bereits reiche
Erfahrung mit Oratorien sammeln konnten, erneut Großes vorgenommen. Unterstützt
wurden sie von den Solisten Katharina Boller-Ott (Sopran), Alexandra Gießler
(Alt), Fred Hoffmann (Tenor) und Michael Kreikenbaum (Bass).
Bereits die recht pompös daherkommende Ouvertüre zeigt mit dem breit aufgefächerten
Holzbläsersatz und der Verstärkung der Blechbläser durch die Hörner bereits
deutliche Züge jener Klang-welt, die so typisch für Mozart ist, auch die Arien
und Chöre sind merklich davon geprägt. Das gesamte Ensemble zeigte sich in
bestechender Form – besonders Chor und Orchester. So konnten sich die Mitglieder
des Chores gegen die Klanggewalt des Orchesters gut behaupten, auch
Textverständlichkeit und Intonation ließen, bis auf wenige kleine Ausnahmen,
keine Wünsche offen. Die Balance zwischen Sängern und Instrumentalisten wurde
von Winckler gut aufeinander abgestimmt gestaltet – nur beim Chorsatz „Wie durch
einen der Tod“ hätte die Dynamik größere Kontraste aufweisen können.
Höhepunkt der Aufführung war jedoch das – bei Mozart ins Monumentale
gesteigerte – Halleluja. In Anlehnung an eine angelsächsische Tradition, über
die Pfarrer Unfried in seiner Einführung berichtete, erhob sich das Publikum zu
diesen Klängen von den Plätzen. Auch die solistischen Gesangsleistungen
gliederten sich gut in den Gesamtklang ein. Im Besonderen sind hier Katharina
Boller-Ott und Fred Hoffmann zu erwähnen, die mit klarer sicherer Stimmführung
und guter Technik zu überzeugen wussten. Auch Alexandra Gießler setzte mit ihrem
gefühlvollen und fein abgestimmten Vortrag positive Akzente. Nicht ganz so
überzeugend, aber dennoch solide präsentierte sich Michael Kreikenbaum. Der
volle Erfolg wurde mit Ovationen belohnt.